15.04.2025 - Bürgerbeteiligung

Raus aus den Schützengräben

Motor-Montag in den neuen Konferenzräumen "Go Be" auf der Peterstraße 13. Der Abend stand unter dem Motto "Zwischen Demokratie und Skepsis". Eingeladen hatten die Stadtbewegung Motor Görlitz und die Stadtratsfraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne/SPD. Rund 30 Gäste waren dabei. Sogar aus Zittau kamen Interessierte.
Mike Altmann, Co-Fraktionschef von Motor Görlitz, führte durch den Abend und hatte mit Dr. Jörg Heidig einen Experten an seiner Seite. Der Kommunikationspsychologe begleitet den Strukturwandel gemeinsam mit Stefan Bischoff von MAS Partners mit dem Lausitz-Monitor, einer regelmäßigen Bevölkerungsbefragung. (www.lausitz-monitor.de). In den letzten Monaten hat Jörg Heidig zudem bemerkenswerte Kolumnen zur verfahrenen gesellschaftlichen Stimmungslage in Deutschland und der Lausitz geschrieben. (https://www.prozesspsychologen.de/blog/)


Heidig analysierte, wie sich Schwarz-Weiß-Denken und Selbstbestätigung in den eigenen Meinungsblasen zunehmend verfestigen – und warum das gefährlich ist: „Es gibt leider keine Zauberformel, wie wir aus den Schützengräben herauskommen“, so Heidig. Seine Prognose: Die AfD wird mittelfristig Regierungsverantwortung übernehmen – „das ist für mich nur eine Frage der Zeit.“ Gerade deshalb brauche es neue politische Angebote in der demokratischen Mitte, die aus den Kommunen heraus entstehen könnten.

 


Mike Altmann (Motor, links) im Gespräch mit Dr. Jörg Heidig.


Dass diese Einschätzung kontrovers diskutiert wurde, war gewünscht. In der anschließenden offenen Runde meldeten sich viele der Anwesenden zu Wort. Einige zeigten sich besorgt über die Vorstellung einer AfD in Regierungsverantwortung: „Das würde uns um Jahre zurückwerfen“, warnte ein Teilnehmer. Auch die oft geäußerte Hoffnung, eine Regierungsbeteiligung werde die AfD „entzaubern“, wurde infrage gestellt. „Das wird nicht passieren – weil die AfD immer einen Schuldigen präsentieren wird, der angeblich verhindert, dass sie ihr Programm umsetzen kann“, so ein skeptischer Gast.

 


Ein schöner neuer Ort des Miteinanders: das "Go Be" in der Peterstraße.

 

Kritisiert wurde allerdings auch, dass viele Demokratieprojekte in ihrer Arbeit oft von einem defizitären Menschenbild ausgingen – besser wäre es, die Zivilgesellschaft als Ganzes zu stärken.

Ein weiterer Punkt, der angesprochen wurde: die wachsende Selbstgefälligkeit auf beiden Seiten des Meinungsspektrums. „Man sollte wieder das Verbindende suchen – und nicht darauf abzielen, jemanden mit abweichender Meinung öffentlich bloßzustellen.“


Trotz der ernsten Themen war die Atmosphäre respektvoll und offen. Formate wie der Motor-Montag schaffen Räume für Austausch, ohne einfache Antworten zu versprechen. Wir arbeiten weiter für Görlitz und die Lausitz.

 

Fotos: Paul Glaser
 

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