29.03.2022 - Landratswahl

Meyer beim Motor-Montag

Die Neugier auf den Landratskandidaten Stephan Meyer war groß. Rund 30 Gäste kamen gestern zum Motor-Montag ins Lesecafé Art Goreliz. Die Stadtbewegung Motor Görlitz hatte eingeladen. In einem abwechslungsreichen Frage-Antwort-Spiel wurden wesentliche Positionen des derzeitigen CDU-Landtagsabgeordneten aus Oderwitz deutlich:
 
Der politische Landrat
Ein Landrat Meyer will nicht nur „Chef der Verwaltung“ sein. Er sieht sich auch in politischer Funktion. Neben dem Organisieren von Mehrheiten im Kreistag gehört auch das Schmieden von Allianzen auf allen Ebenen dazu. Etwa wenn es um die Daseinsvorsorge geht. Der Landkreis und damit der Landrat sind mitverantwortlich, ob es ausreichend Personal in Schulen, Kliniken und Arztpraxen gibt. Er möchte ermöglichen und gestalten und setzt darauf, dass die Mitarbeiter in den Ämtern lieber Lösungen entwickeln statt Ablehnungsgründe zu finden.

Wirtschaftsförderung
Stephan Meyer plant eine Stabsstelle im Landratsbüro. Dort soll es einen Unternehmenslotsen geben, der (oder die) Unternehmen bei Neuansiedlungen bzw. Erweiterungen und Investitionen begleitet und sich um zügige Genehmigungen kümmert. Rufe nach Großansiedlungen wie Tesla in Brandenburg findet er nicht hilfreich. Es gibt in ganz Sachsen keine einzige Industriefläche in der Größenordnung von Grünheide. Er sieht den Landkreis Görlitz strukturell gut aufgestellt, u.a. mit der ENO als kreiseigener Wirtschaftsförderungsgesellschaft. Teilweise vermisst der 40jährige Ergebnisse. Mit Blick auf Görlitz etwa zeigte er sich verwundert, wie wenig am Berzdorfer See vorangeht.
 
Strukturwandel
Den Ärger im Norden des Landkreises über die Vergabe von Strukturgeldern findet Kandidat Meyer durchaus nachvollziehbar. Es istdem Kohlekumpel schwer zu erklären, was er davon hat, wenn sich Görlitz neue Straßenbahnen zulegt. Gleichzeitig warnt der Wirtschafsingenieur vor einem Kirchturmdenken. Meyer wünscht sich neue Prioritäten. So sollten künftig gemeinsame Anträge von Kommunen höher gewichtet werden. Gleiches gilt für Vorhaben, die zu einem strategischen Zukunftsplan gehören.


Sicherheit
Diesen Schwerpunkt fasst Landratskandidat Meyer deutlich weiter als den Kampf gegen Kriminalität. Für ihn gehören Bevölkerungs-, Brand- und Katastrophenschutz dazu. Der Kreis und seine Kommunen brauchen leistungsfähige Strukturen, die aufeinander abgestimmt sind und im Einsatzfall ineinandergreifen. Auch wenn nicht jede Feuerwehr und jede Einheit den gleichen Grad an Ausstattung benötige, sind Investitionen nötig.
 
Kinder- und Jugendhilfe
Mehr Prävention – das ist das Ziel von Stephan Meyer. Jeder Euro, der in die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen investiert werde, zahlen sich langfristig aus. Als Beispiel führt Meyer die Schulsozialarbeit an, die nun langfristig finanziell abgesichert werden soll. Der CDU-Politiker zeigte große Sympathie für Kinder- und Jugendbeteiligung, wie das trinationale Jugendparlament Neiße. Die junge Generation muss ernst genommen werden. Wer sich frühzeitig einbringt, lernt demokratische Strukturen kennen und ist nicht mehr so empfänglich für extremistische Verlockungen. Überrascht war Meyer, als er hörte, dass im Görlitzer Stadtrat die CDU-Fraktion eine Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ausbremst.
 
Bus und Bahn
Wie kommen wir mit der Bahn schnell und preiswert nach Dresden oder Berlin? Dafür braucht es ein gemeinsames Auftreten der Landkreise Görlitz und Bautzen. Parteipolitik in Berlin ist weniger wichtig als regionale Bündnisse. Meyer hofft auf ein Umdenken bei der Bahn und beim Gesetzgeber. Für ihn ist nicht nachvollziehbar, dass wegen der geltenden Regeln die Bahn für 900 Millionen Euro eine 60 Kilometer lange eigene Stromleitung an der Dresden-Trasse errichten will, wo es direkt daneben bereits eine gibt. Weil diese von der SachsenNetze GmbH betrieben wird, darf sie nicht genutzt werden. Hausaufgaben sieht Meyer auch beim Verkehrsverbund ZVON. Die sogenannte „letzte Meile“ soll besser an den ÖPNV angeschlossen werden, sprich: Wer die Bahn nutzen möchte, möchte sie auch bequem ohne Auto erreichen. Meyer sieht in der besseren Anbindung an die Großstädte Vorteile für alle Seiten. Auf dem Land gibt es Leerstand und bezahlbare Preise, während in den Ballungszentren mit großem Aufwand Wohnraum geschaffen wird. Der Landkreis Görlitz als attraktiver Ort zum Wohnen und Leben, ohne den Arbeitsplatz in der Großstadt aufgeben zu müssen? Schnelle Zugverbindungen sowie der zunehmende Trend zum Home Office können das möglich machen.


Kommunale Finanzen
Der Landkreis Görlitz leidet unter dem aktuellen Finanzausgleichsgesetz. Das regelt, wie viel Geld über ein komplexes System vom Freistaat an die Kreise und Kommunen fließt. Stephan Meyer hatte als einziger Abgeordneter der Koalition im Landtag diesem Paket nicht zugestimmt. Nun drängt er auf Veränderungen, auch für die Stadt Görlitz, die besonders unter den geringeren Zuwendungen im investiven Bereich leidet. Generell ist Meyer für einen Paradigmenwechsel. Er wünscht sich weniger einzelne Förderprogramme und mehr Pauschalen. Damit können die Verantwortlichen vor Ort entscheiden, was wichtig ist. Das bringt deutlich mehr Handlungsfreiheit für Kreise und Kommunen.
 
Genehmigungsverfahren
Wie kommen wir zu schnelleren Baugenehmigungen, wollte ein Architekt wissen. Er verwies auf andere Bundesländer, wo es bereits digitale Verfahren gibt. Ebenfalls von Interesse: Wie lässt sich Denkmalschutz besser mit nötigen Investitionen vereinbaren? Stephan Meyer erläutert, dass in Sachsen derzeit die Bauordnung novelliert wird. Man darf also guter Hoffnung sein, dass damit auch digitale Verfahren möglich werden. Beim Denkmalschutz wünscht sich der Landratskandidat einen pragmatischen Umgang. Priorität sollte der Erhalt von Gebäuden haben. Bei alternativer Nutzung müssten auch Änderungen am Gebäude möglich sein. Beispiel: Wer eine alte Scheune zum Wohnhaus umbaut, braucht natürlich größere Fenster.
 
Ukraine
Sowohl Stephan Meyer als auch Motor-Vorsitzender Axel Krüger hoben die große Hilfsbereitschaft im Landkreis Görlitz für die Flüchtlinge aus der Ukraine hervor. Derzeit befinden sich knapp 2.000 Menschen aus dem Kriegsgebiet in unserer Region. Stephan Meyer erklärte, warum es nun so lange dauert, bis die meist privat untergebrachten Frauen und Kinder registriert werden. Es gibt ein einziges Gerät zur Erfassung im Landkreis, Nachschub ist angefordert. Jede Registrierung dauert mindestens 15 Minuten. Dementsprechend lang ist die Warteliste. Problem: Erst mit erfolgter Registrierung bekommen Flüchtlinge finanzielle Unterstützung. Diese wird allerdings rückwirkend gewährt, so dass der Bearbeitungsstau keine Einbußen zur Folge hat. Stephan Meyer bedankte sich bei den vielen Frauen und Männern im Landkreis Görlitz, die die Ukraine-Hilfe ehrenamtlich organisieren. Diese Kraftanstrengung wird auch noch eine geraume Zeit nötig sein.

Motor-Sprecher Axel Krüger nach dem Abend:
„Das erste Treffen in Präsenz nach den langen Monaten der Einschränkungen und online-Konferenz war in doppelter Hinsicht ein Glücksfall für Motor Görlitz. Zum einen, sich endlich wieder zum Austausch versammeln zu können. Zum zweiten einen Landratskandidaten zu Gast zu haben, der sämtliche Politikerklischees zur Seite schob.  
Konkrete Aussagen statt unverbindlichen Versprechungen an jeden und für Alles. Aufmerksam zuhörend, wo uns hier der Schuh drückt. Klar nach vorne denkend und dabei Parteigrenzen weniger wichtig zu nehmen, wie Meyer in der Zusammenarbeit mit der Grünen Franziska Schubert wiederholt bewiesen hat."

 

Fotos: Paul Glaser

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